Heroes

Tabuthemen für junge Männer mit Migrationshintergrund

Am Anfang ist es meist ein langer Weg, um Vertrauen aufzubauen. Wenn die Jugendlichen, die einmal zu „Helden“ werden sollen, zum ersten Mal zu Diplom-Soziologe Christian Borchart kommen, muss er es langsam angehen lassen. Zu Heroes ausgebildet werden ausschließlich männliche Jugendliche, die einen Migrationshintergrund haben. In dem Kulturkreis, aus dem Sie kommen, ist die männliche Ehre oft ein bedeutender Bestandteil des Selbstverständnisses. Manche dieser Ehrenkonzepte führen allerdings auch dazu, dass Frauen benachteiligt und unterdrückt werden.

Heroes bietet:

  • Workshops
  • Diskussionen mit Schulklassen mit einem peer-to-peer-Ansatz
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Heroes Sucht:

  • Finanzielle Unterstützung für die Abschlussfahrt
  • Finanzielle Unterstützung für Workshops außerhalb von München

Kontakt:

  • HEROES München
    Beratungsdienste der Arbeiterwohlfahrt München gemeinnützige GmbH
  • 089 121 64 306
  • heroes@awo-muenchen.de
  • Rupprechtstraße 29
    80636 München

Auch deshalb sind Themen wie Ehre, Gleichberechtigung, Toleranz, Homosexualität oder Migration für viele der Jugendlichen anfänglich Tabu-Themen. Mit einem völlig Fremden darüber zu sprechen, ist daher schwierig. Also nimmt sich Christian Borchart Zeit, kocht und isst mit den Jugendlichen, geht ins Kino und schafft dabei eine Vertrauensbasis, die die Diskussion über die heiklen Themen ermöglicht. Hilfreich ist es dabei auch, dass er, wie jeder Heroes-Gruppenleiter, denselben Hintergrund wie die Jugendlichen hat.

Wenn diese erste Schwelle geschafft ist, gibt es weiter Treffen in lockerem Rahmen, immer montags. Dann wird bei den Treffen über die unterschiedlichen Ehrenkonzepte der Jugendlichen diskutiert. Wichtig ist dabei eine wertschätzende Haltung. Den Jugendlichen wird kein neues Konzept eingeimpft, sondern sollen durch das Sprechen mit anderen Gleichaltrigen erfahren, welche anderen Meinungen über diese Themen vertreten werden können. Dadurch werden die Jugendlichen meistens offener und toleranter gegenüber anderen Meinungen. Ein wichtiger Punkt ist ebenfalls, dass in den Diskussionen Religion nicht als Argument akzeptiert wird. Stattdessen werden die Jugendlichen dazu angehalten, aufgrund von eigenen Erfahrungen oder auf Basis von Menschenrechten zu argumentieren.

Die Ausbildung zum Hero, die aus diesen internen Diskussionen, Übungen für Rollenspiele und Workshops beinhaltet, dauert neun bis zwölf Monate. Innerhalb der Ausbildung werden die Kompetenzen vermittelt, einen Workshop mit verschiedenen Rollenspielen durchzuführen und die abschließende Diskussion mit den Teilnehmern des Workshops zu führen und zu moderieren. „Insgesamt ist die Ausbildung zum Hero jedoch nie ganz abgeschlossen“, betont Christian Borchart.

„Nach der Ausbildung erlangen die jungen Männer ein Zertifikat, um selbstständig Workshops leiten zu können. Danach kommen sie immer noch zu Treffen und lernen und diskutieren weiter mit.“

Kurz vor der Verleihung des Heroes-Zertifikates gehen die jungen Männer gemeinsam auf Abschlussfahrt. Auf dieser Fahrt wird noch einmal intensiv geübt, um die Abschlussfeier gut zu bewältigen. Auf der Feier wird nicht nur das Heroes-Zertifikat verliehen, sondern auch die eingeübten Rollenspiele werden vorgeführt.

Danach entschließen sich jedoch nicht alle Heroes, auch selbst Workshops zu geben. Aktuell sind aus drei Generationen an Heroes etwa dreizehn regelmäßig engagiert, richten Veranstaltungen aus und nehmen an den Treffen teil. Diese Workshops werden vor allem vor Schulklassen abgehalten, aber auch vor Gruppen von Jugendlichen aus anderen Bereichen. Sie richten sich an Jungen und Mädchen mit jedem Hintergrund, ab 14 Jahren. Dabei wird zuerst in verschiedenen Rollenspielen die Rolle der Ehre im familiären Umfeld thematisiert und danach mit den Jugendlichen diskutiert. „Die Jugendlichen in den Klassen schätzen es sehr, dass die Workshops von Gleichaltrigen gegeben werden. Wir teilen Feedback-Bögen aus, und dort lesen wir sehr oft, dass sie gar keine Lust hätten, mit Erwachsenen über diese Themen zu sprechen. Der peer-to-peer-Ansatz wird sehr gut angenommen“, erzählt Christian Borchart. Nicht nur bei den Jugendlichen in den Workshops hat das Projekt Erfolg. Seit Heroes in Berlin gestartet ist, haben viele weitere Städte eigene Heroes-Projekte aufgebaut. Die Nachfrage ist dabei weiterhin ungebrochen. Auch das Medienecho über Heroes ist deutschlandweit sehr groß.

„Die Jugendlichen in den Klassen schätzen es sehr, dass die Workshops von Gleichaltrigen gegeben werden. Wir teilen Feedback-Bögen aus, und dort lesen wir sehr oft, dass sie gar keine Lust hätten, mit Erwachsenen über diese Themen zu sprechen. Der peer-to-peer-Ansatz wird sehr gut angenommen.“

In München wird Heroes durch die Arbeiterwohlfahrt getragen. Das Geld dazu wurde die letzten drei Jahre vom Freistaat Bayern gegeben, diese Förderung ist aber inzwischen ausgelaufen. Seither übernimmt die Stadt München die Förderung, jedoch mit einem geringeren Geldbetrag. Das ist problematisch für die Heroes, da mit dem jetzigen Betrag zum Beispiel die jährliche Abschlussfahrt nicht mehr finanziert werden könnte. Auch Workshops, die im Landkreis München und der näheren Umgebung gehalten würden, sind durch die jetzige Finanzierung nicht abgedeckt und müssen daher ausfallen. „Den Anfragen aus dem Landkreis kann in Zukunft nur nachgegangen werden, wenn das Geld dafür aus anderen Quellen als von der Stadt München kommt“, beschreibt Christian Borchart die Situation. Deshalb ist das Projekt Heroes auf der Suche nach finanzieller Unterstützung, um Veranstaltungen wie die Abschlussfahrt durchführen zu können und die Nachfrage an Workshops im Münchner Umkreis decken zu können. Hierbei gibt es jedoch ein weiteres Problem. Durch das Wegfallen der Finanzierung des Freistaats Bayern wurde auch eine Stelle als Gruppenleiter bei den Münchener Heroes gestrichen. „Im Moment mache ich praktisch alles alleine“, erzählt Christian Borchart. „Dadurch können wir insgesamt natürlich auch weniger Veranstaltungen und vor allem Workshops durchführen, was schade ist.“

 

Aktuell werden auch wieder junge Männer gesucht, die selbst zu Heroes werden wollen. Nachdem die dritte Generation in München vor kurzem ihre Zertifikate verliehen bekam, ist Christian Borchart jetzt wieder auf der Suche nach neuen jungen Helden. ff