Vertrauenspersonen in Schulen werden immer wichtiger
Inside @ School bietet:
- vertrauensgeschützte Beratung für Schüler, Lehrer und Eltern
- Aufklärung in Schulen über Problemthemen
Inside @ School Sucht:
- Unterstützer, um das Programm auf weitere Münchner Schulen auszudehnen
Kontakt:
- Projektfinanzierung und -betreuungJustin-Rockola-Soforthilfe e.V.
Inside @ School
Tel. 089-647772
gisela.rockola@freenet.de - Fachliche Begleitung des Projekts
Condrobs e.V.
Tel. 089-5436990
insideatschool@condrobs.de
www.condrobs.de/einrichtungen/muenchen/inside-school
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Inside @ School beraten Schüler, Eltern und Lehrkräfte zu Themen wie Mobbing, Umgang mit Medien, Gewalt, Konfliktbewältigung, Gruppendruck, Stärkung des Selbstwerts, Alternativen zu Konsum und Sucht. Ihre Arbeit wird nur zum Teil mit öffentlichen Geldern finanziert, daher benötigen sie die langfristige Unterstützung durch den Justin-Rockola-Soforthilfe e.V., der 2014 eine Förderung der Stiftung München erhalten hat. Interview mit der Projektleiterin Anne Lubinski über Sorgen und Nöte von Schülern und darüber, wie ihre Mitarbeiter Lösungen aufzeigen.
Wieso sind externe Sozialpädagogen an Münchner Schulen notwendig?
Wir sehen immer wieder, dass den externen Personen, die nicht im normalen Schulbetrieb stehen, mehr Vertrauen entgegen gebracht wird. Als externe Kraft können die Sozialpädagogen absolute Vertraulichkeit und Unabhängigkeit zusichern. Für Schüler mit Problemen ist der Zugang zu Mitarbeitern von Inside @ School somit leichter als zu einer Lehrkraft, die ihnen jederzeit wieder im Unterricht begegnen kann, sie bewerten und benoten muss.
Mit welchen Themen kommen die Schüler?
Mit allem, was junge Menschen umtreibt und ihnen Sorgen macht: Sicherheit im Umgang mit sozialen Netzwerken, Mobbing, Essstörungen, Konsum von Drogen wie Cannabis oder Alkohol, Gewalterfahrungen, Probleme in der Familie, die ganze Bandbreite.
Gibt es Konjunkturen für einzelne Themen?
Für einige schon, die verschiedenen Drogen etwa, die gerade in sind, oder in jüngerer Zeit das Thema Cyber-Mobbing mit einer besorgniserregenden Hemmungslosigkeit. Es gibt aber auch Themen, die durchgängig auftauchen wie Gewalt in allen Formen: unter Kindern, in den Familien, Angst vor Versagen und mangelndes Selbstwertgefühl.
Wie können Sie den Kindern und Jugendlichen helfen?
Zunächst, indem wir einfach da sind. Es ist ja nicht so, dass die Kinder und Jugendlichen kommen und frei heraus sagen, sie hätten ein Problem. Manchmal kreisen sie tagelang in den Pausen um uns, bevor sie sich trauen, uns anzusprechen. Manchmal berichten sie dann vom Fall eines Freundes, einer Freundin, bevor sich herausstellt, dass es um sie geht. Dann hören wir vor allem zu. Allein die Dinge auszusprechen, verändert die Wahrnehmung eines Problems. Und wenn die Schüler merken, dass das, was sie bedrückt, ernst genommen wird, dann öffnen sie sich weiter, und wir können gemeinsam eine Strategie überlegen für die Lösung eines bestimmten Problems. Wichtig ist es, dass wir frühzeitig ernste Situationen erkennen, die Kinder und Jugendlichen stabilisieren und rechtzeitig gegensteuern, bevor weitere Fehlentwicklungen passieren.
Was tun Sie dann konkret?
Das kommt ganz auf den Fall an. Manchmal reicht es, wenn wir Tipps geben, Szenarien entwickeln, gemeinsam einen Brief aufsetzen oder sie coachen für eine Begegnung, eine Auseinandersetzung oder ein Konfliktgespräch. Es geht darum, dass sie lernen und erfahren, dass sie die Situation ändern können. Oft gehen wir in die Klassen und führen Projekte durch, um bestimmte Themen aufzugreifen. Bei Cyber-Mobbing helfen wir häufig, Unterstützerkreise zu organisieren, die sich mit den Betroffenen solidarisch zeigen. Wir vermitteln dann in Abstimmung mit Kindern, Jugendlichen und Eltern zu Ärzten, Psychotherapeuten, Beratungsstellen oder zum Jugendamt.
„Die Probleme spiegeln unsere gesellschaftlichen Realitäten wider.“
Das ist dann beim Thema Gewalt in der Familie der Fall?
Ja, oft gelingt es uns, die Eltern vorher einzubinden, über die Situationen gemeinsam zu sprechen und an Veränderungen zu arbeiten, auch unter Einbeziehung weiterer Hilfen. Gerade in diesen Fällen ist es gut, dass wir sehr langfristig an den Schulen sind, nicht nur für ein Schuljahr. Die Kinder und Jugendlichen können also jederzeit wieder zu uns kommen. Sie wissen auch, dass unsere Schweigepflicht dort ihre Grenze hat, wo es um die Gefährdung ihres körperlichen und/oder seelischen Wohls geht.
Worauf kommt es an, dass die Kinder und Jugendlichen Vertrauen fassen?
Dass wir keine Bedingungen stellen, und einfach da sind. Die Schüler können kommen und wieder gehen, wie es ihnen passt. Unser wichtigster Vorteil ist aber, dass wir nicht in den Schulbetrieb eingebunden sind. Die Schüler erfahren, dass die Beratung und Unterstützung ihnen weiterhilft. Wir begegnen ihnen mit Wertschätzung und Respekt, nehmen sie mit ihren Sorgen und Problemen ernst. Außerdem wissen sie, dass wir der Schweigepflicht unterliegen.
Gibt es Unterschiede von Schule zu Schule?
Nein, die Probleme, mit denen sie zu uns kommen, spiegeln unsere gesellschaftlichen Realitäten wider. Der einzige Unterschied, den wir beobachten, ist der, dass die Schüler von Gymnasien in der Regel später zu uns kommen, wenn die Probleme schon größer sind, Realschüler wenden sich oft schneller an uns.
Woran liegt das?
Unsere Beobachtung ist, dass Eltern von Gymnasiasten und ihre Kinder eher so eingestellt sind, dass sie länger versuchen, die Dinge selbst zu regeln, bevor sie Hilfe suchen. Sie scheinen weniger geübt darin, sich früh Unterstützung zu holen.
„Wir stellen keine Bedingungen und sind einfach da.“
Kommen denn auch Eltern zu Ihnen?
Ja selbstverständlich, manchmal, weil sie erfahren haben, dass ihr Kind bei uns war, manchmal auch unabhängig davon mit ihren Erziehungsfragen. Wenn sie etwas beobachten bei ihrem Kind, das sie nicht einordnen können oder auf das sie nicht wissen, wie sie adäquat reagieren sollen.
Wie können Ihre Mitarbeiter zu allen Themen kompetent Auskunft geben?
Wir legen großen Wert auf eine fundierte sozialpädagogische Ausbildung aller MitarbeiterInnen. Und wir besprechen neue oder kritische Themen regelmäßig im Team und bei Supervisionen. Wenn jemand mal bei einem konkreten Thema nicht sofort weiter weiß, kann er sich innerhalb des Teams von Inside @ School oder das Netzwerk bei Condrobs rasch die nötigen Informationen beschaffen. Zudem sind wir regelmäßig auf Fachtagen und besuchen Fortbildungen.
„Oft gelingt es uns auch, die Eltern einzubinden und über die Situationen gemeinsam zu sprechen.“
Wieso ist diese Arbeit nicht Teil des vom Staat finanzierten Schul-Angebots?
Schulsozialarbeit oder Jugendsozialarbeit an den Schulen gibt es in München an Förder- und Mittelschulen, zum Teil auch an Grundschulen, da dort zunächst von mehr Bedarf ausgegangen wurde. Doch auch an den weiterführenden Schulen brauchen Kinder und Jugendliche Unterstützung, die präventive Arbeit mit einzelnen, in Projekten und mit Klassen ist für ihre gesunde Entwicklung von großer Bedeutung. Wir würden unsere Arbeit gerne an weiteren Schulen anbieten und jeweils langfristig vor Ort an einer Schule bleiben können, damit uns die Lehrkräfte, Schüler und Eltern kennen- und schätzen lernen und uns vertrauen. Der Justin-Rockola-Soforthilfe e.V. setzt sich zudem mit hohem Einsatz persönlich im Kontakt mit den Schulen ein, an denen Inside @ School tätig ist, und sichert damit den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Projekts.
Die gesellschaftliche Entwicklung müsste den Bedarf für Ihre Arbeit erhöhen?
Ja, wir gehen zum Beispiel davon aus, dass anhaltend viele Kinder und Jugendliche mit der Trennung und Scheidung ihrer Eltern umgehen müssen. Oder gesellschaftliche Strömungen wie der Drang zur ständigen Selbstoptimierung und die einseitige Individualisierung bei Nichterreichen von Zielen, die zunehmend Leistungsdruck und Versagensängste auslösen. Das heißt die Belastungen für die Kinder und Jugendlichen nehmen in der Summe zu. Trotzdem sind wir das einzige zum Großteil privat finanzierte derartige Präventionsprojekt in Deutschland.